Hollerheide, Edlengut Hahnbrück, Rondra 1031 BF

Ifirdane Hahnbrück von Blaubinge starrte zum wiederholten Male auf ihren Schreibtisch, oder vielmehr auf das was sie darauf gestapelt hatte. Die Beine des Tischgestells waren wohl noch zu erkennen, doch auf der Tischplatte selbst hatte sie wahrlich keinen Platz verschenkt. Stapel von Papier, Skizzen und Schriftrollen drohten bald ihren Weg auf den nahe befindlichen Boden anzutreten, wovon sie nur einige kurze Bretter abhielten, die aus unerfindlichen Gründen ebenfalls den begehrten Platz mit ihnen teilten. Zufrieden nickte sie schließlich und strich mit einer fast liebevollen Geste über das zuoberst liegende Bündel Papier. Bestes Büttenpapier, das sie dank ihres neuen Papierers in neuer, besserer Güte feilbieten konnte. Stolz betrachtete sie erneut im fahlen Gegenlicht der Schreibstube das Wasserzeichen. Klar und deutlich hob sich der Hahn im Wappenschild ab und die Initialen HB kündeten zusätzlich vom Herstellungsort des Papiers.

Schließlich verpackte sie es sorgsam und machte sich auf, um sich noch standesgemäß zu kleiden. Mit weniger gutem Gefühl erinnerte sie sich daran, dass die reichen Nachbarn wohl mehr Wert auf ihr Äußeres Erscheinungsbild legen würden, als sie selbst das üblicherweise tat. Dank ihrer Freundin Varena Böcklin hatte sie inzwischen gelernt, dass sie mit wenigen Handgriffen ihre sonst wenig zur Anmut gereichenden Haare ein wenig mehr Grazie verleihen konnte. Routiniert, allerdings mit weit weniger Liebe zum Detail als es Varena getan hätte, steckte sie mit Kämmen die Haare aus dem Gesicht, sodass ihre grünen Augen im hellen Gesicht besser zur Geltung kamen. Die zuvor von ihrer Magd bereitgelegten Kleider hatte sie bereits angelegt und kam sich darin ein wenig albern vor. Das vertraute Gewicht des Kettenhemdes oder der würzige Duft ihrer Jagdkleidung wäre ihr lieber gewesen, als dieses Kleid. Doch für ein gutes Geschäft würde sie das in Kauf nehmen.

Zu ihrem Waffenknecht gewandt, der bereits auf dem Kutschbock saß meinte sie nur kurz: „Es kann los gehen!“ Während sie ihr Bündel für die notwendige Übernachtung nach hinten auf die Ladefläche legte musterte sie noch kurz das letzte Bauholz das zu den Nachbarn verbracht werden musste. Es lag wohl vertäut auf der Ladefläche. Dann wandte sie sich wieder Luthger zu. „Schauen wir mal, was uns da erwartet. Ich habe Gilborn Rondrawin von Pandlaril-Wellenwiese schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen scheint mir.“ In Gedanken fügte sie noch hinzu: Hoffentlich ist er nicht so griesgrämig geworden wie der Rest der Familie!